L'autore:
Evelyn Holst studierte Englisch und Geschichte und arbeitete danach dreizehn Jahre für den Stern, unter anderem als Korrespondentin in New York. Jetzt schreibt sie Romane, Drehbücher und über Beziehungs- und Psychologiethemen für diverse Frauenmagazine. Einem Millionenpublikum ist sie durch ihre Bild-Kolumne „Evas Welt“ bekannt. Evelyn Holst ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Hamburg.
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Hallo Liebling,
gib es zu, jetzt bist du platt, oder?
Du dachtest garantiert, dass du deinen treuen, alten Ehemann so in- und auswendig kennst wie dein sensationelles, mexikanisches Enchilada Rezept, mit dem du seit Jahr und Tag die Partybuffets unserer Freunde bereicherst. Oder meinen krummen großen Zeh, den ich mir mit zwölf beim Eishockey gebrochen habe.
Ich hatte mir ja auch wirklich geschworen, nie eins dieser Hightechgeräte zu besitzen, nur um mich dann wie der Rest der Menschheit von all diesen kleinen, nervtötend blinkenden, vibrierenden, klingelnden Dingern terrorisieren zu lassen.
Und doch sitze ich nun hier in meinem Studio und schwitze nicht über abstrakten Statuen oder hämmere Gesichter in Granit, sondern ich maile dir!!! (Schon dieses Wort ist mir suspekt ...) Mit einem dieser durchdesignten weißen Kästchen namens iPhone, auf das die ganze Welt abfährt? Warum bloß tue ich mir so etwas an?
Vielleicht hoffe ich einfach, dass wir uns auf diese Weise wieder ein bisschen näherkommen, denn dir ist ja im Gegensatz zu mir dein Handy förmlich am Ohr festgewachsen. Also dachte ich mir, probier's doch einfach mal. Vielleicht hört sie dir dann zu. Und ganz vielleicht antwortet sie dir sogar.
Bist du heute Abend ausnahmsweise mal zu Hause? Als Zeichen meiner Zuneigung würde ich nämlich gern für uns kochen. Mein Lieblingsgericht aus Eishockeyzeiten. Genau, du ahnst es - Bratkartoffeln mit Spiegeleiern (ich dreieinhalb, du ein halbes, dein Cholesterinspiegel!) und Gewürzgurken, ein echtes Proletenessen, wie mein Vater immer sagte. Darauf hab ich mal wieder so richtig Lust! Meine Güte, diese Tasten hier sind wirklich winzig. Vielleicht müsste ich doch mal zum Augenarzt. Aber du weißt ja, wir "alten" Künstler geben Sehschwächen nur ungern zu.
Gruß Dein Robert
My Darling Robbie,
na, das ist ja wirklich eine Überraschung! Du benutzt tatsächlich das iPhone! Ich fasse es nicht! Das hatte ich dir doch schon letztes Jahr zum 13. Hochzeitstag geschenkt. Dein Kommentar damals lautete: "Schatz, vielen Dank, aber du weißt doch, dass ich so was nicht mag, ich bin schließlich Künstler", woraufhin das gute (teure) Stück in deiner Nachttischschublade (das Wort gefällt mir, zweimal t und zweimal sch) und damit in der Versenkung verschwand und nicht mehr gesehen ward.
Welchem Umstand verdanke ich jetzt nochmal genau diesen Sinneswandel? Und was wird als Nächstes kommen, vielleicht sogar eine eigene Website, www.robertgottwald.de?
Ich wüsste da jemanden, Leo, einen ganz pfiffigen, jungen Typ, er ist Volontär bei uns in der Redaktion, der ist ständig auf der Suche nach Nebenjobs.
Du, leider kann ich heute Abend nicht. Eine Titelgeschichte ist geplatzt, bin total im Stress. Bratkartoffeln sind ja sowieso nicht mein Ding. Und zudem ist da noch mein Taillenumfang, der nur mit viel Disziplin nicht stetig wächst ... ist dir egal, ich weiß. Du liebst jedes Pfund an mir. Danke. Leider liebe ICH nicht jedes Pfund an mir. Aber eine Gurke kannst du mir ja aufbewahren, okay?
Ciaociao Claudia.
Hallo Claudia,
ich schreibe jetzt auf meinem alten Mac im Studio, das war mir doch zu fummelig eben.
Dann esse ich meine Bratkartoffeln und meine mindestens drei Spiegeleier eben allein. Oder mit Nicky, unserem gemeinsam missratenen Sohn. Teenager in seinem Alter haben doch immer Hunger, oder?
Soll ich dich dann nachher abholen? So gegen Mitternacht, früher wird's bei dir ja nie, dann könnten wir noch einen Absacker im Drei Tageszeiten trinken - gibt es unsere alte Stammkneipe überhaupt noch? Übrigens, das wollte ich dir schon längst mal gesagt haben: Nenn mich bitte nicht mehr Robbie, ich fühle mich inzwischen einfach zu alt für diesen Namen. Wenn du schon abkürzen willst, sag doch lieber Rob oder Bob, okay?
Werde mich bis dahin dem "Brocken" widmen, dieser Statue, an der ich seit fünf Jahren arbeite. Zum letzten Mal hast du sie, glaube ich, vor drei Jahren gesehen, und du warst nur mäßig beeindruckt von den plumpen, improvisierten Formen, die dich an "den Golem oder den Gott der Bergmonster" erinnerten und nicht an eine liegende Frau. Wir hatten einen Riesenkrach, erinnerst du dich? Du warst damals so liebenswürdig, mich an meine Lehre beim Barlach-Schüler Anton Brucker zu erinnern und an das, was ich bei ihm gelernt bzw. eben nicht gelernt hätte.
Ich war neulich kurz davor, mein Werk zu zertrümmern, denn ich musste einsehen, dass du leider irgendwie recht hattest. Habe gerade wieder den Hammer in der Hand ... soll ich's machen?
Dein Mann mit dem Hammer
Robert!!
Nein, lass den Quatsch, auf keinen Fall! IMMER musst du ja nicht auf mich hören. Picasso hat doch auch viele seiner Werke einfach so ruhen lassen wie einen Hefeteig, und dann kam ihm plötzlich eine Idee, und fertig war das Kunstwerk. Deine an dich glaubende Frau
P.S. Aber dass du einen Hammer in der Hand hast, bringt mich auf äußerst animierende Gedanken!
Ach Claudia,
vielen Dank für diesen schmeichelhaften Vergleich, aber ich habe leider im Gegensatz zu ihm keine anderen Werke herumstehen, die auf Vollendung warten und denen ich mich zuwenden könnte. Ich fühle mich, als sei ich mit einem dicken Laster in eine enge Einbahnstraße gefahren, die sich dann als Sackgasse entpuppt, weil ein dicker Felsbrocken die Weiterfahrt verhindert, wenden unmöglich. Und so ist der Brocken momentan leider nur ein Batzen Granit, der mich blockiert. Brauche deshalb dringend ein Modell, das mich inspiriert. Zu was auch immer. Hättest du nicht zufällig doch Interesse, auch wenn du mir schon bei unserer Heirat zu verstehen gegeben hast, dass du nie, nie Modell für mich stehen willst? Dein Mann und Künstler
Rob, Robertchen, Robertino ...
Und dabei bleibe ich. Ich - dein Modell? Ernst oder nur lieb gemeint? Wie auch immer: NEIN DANKE. Bin zu alt, zu hässlich und zu dick. (Erwarte jetzt heftigen Widerspruch.) Aber wenn du wirklich ein Modell suchst, sollte das doch kein Problem sein. Soweit ich weiß, lauern in Kunstschulen und Malklassen haufenweise Mädchen und Frauen, die dem bekannten Robert Gottwald liebend gern Tag und Nacht Modell stehen würden. Nur zu, such dir eins! Wäre auch nicht eifersüchtig ...
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