Kriegstagebuch: Mit Briefen von Jack Hamesh an Ingeborg Bachmann - Rilegato

Bachmann, Ingeborg

3,41

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9783518421451: Kriegstagebuch: Mit Briefen von Jack Hamesh an Ingeborg Bachmann

Rilegato

ISBN 10: 351842145X ISBN 13: 9783518421451

Casa editrice: Suhrkamp Verlag, 2010

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�Das ist der sch�nste Sommer meines Lebens, und wenn ich hundert Jahre alt werde – das wird der sch�nste Fr�hling und Sommer bleiben. Vom Frieden merkt man nicht viel, sagen alle, aber f�r mich ist Frieden, Frieden!� 1945, unmittelbar nach Kriegsende, notiert die achtzehnj�hrige Ingeborg Bachmann diese Zeilen in ihrem Tagebuch. Aus ihnen sprechen die Abscheu vor der NS-Ideologie und die Erleichterung �ber das Ende der Nazi-Herrschaft. Der euphorische Ton hat noch einen weiteren Grund: Ingeborg Bachmann hat sich in den britischen Besatzungssoldaten Jack Hamesh verliebt, einen Wiener Juden, dem 1938 die Emigration gelang. Er befragt die junge Frau zun�chst zu einer Mitgliedschaft im �Bund deutscher M�del�; es entsteht bald eine enge Freundschaft. Dennoch wandert Hamesh im Fr�hjahr 1946 in das damalige Pal�stina aus. Zum ersten Mal wird Ingeborg Bachmanns Kriegstagebuch vom Sp�tsommer 1944 bis zum Juni 1945 vollst�ndig aus dem Nachla� publiziert. Der Band versammelt zus�tzlich s�mtliche erhaltene Briefe von Jack Hamesh an Ingeborg Bachmann. Zusammen mit den Journalaufzeichnungen entsteht so ein einzigartiges Dokument des Dialogs zwischen den Kindern der Opfer und der T�ter.

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L'autore:

Ingeborg Bachmann wurde am 25. Juni 1926 als erstes von drei Kindern des Volksschullehrers Matthias Bachmann (1895-1973) und seiner Frau Olga (geb. Haas, 1901-1998) in Klagenfurt (�sterreich) geboren. Ihre Mutter stammt aus dem an ›B�hmen‹ und Ungarn grenzenden Nieder�sterreich, ihr Vater aus Obervellach bei Hermagor im K�rntner Gailtal, wo die Familie in Ingeborg Bachmanns Kindheit oft Ferien verbrachte. Dieser K�rntner Grenzraum im Dreil�ndereck �sterreich-Italien-Slowenien repr�sentiert f�r die Autorin sp�ter �ein St�ck wenig realisiertes �sterreich (...), eine Welt, in der viele Sprachen gesprochen werden und viele Grenzen verlaufen� (WIV, 302), und damit die Utopie eines gewaltfreien Miteinanders der V�lker, die bereits der ebenfalls in Klagenfurt geborene Autor Robert Musil (1880-1942), Bachmanns wohl wichtigster Bezugspunkt in der literarischen Moderne �sterreichs, mythisierend auf das Kaiserreich �sterreich-Ungarn als Vielv�lkerstaat projiziert hatte. Noch in dem Roman Malina steht dieses �Haus �sterreich� als literarische Utopie f�r eine �geistige Formation�, die kritisch gegen die Verkrustungen der �sterreichischen Nachkriegsgesellschaft und gegen die Verdr�ngung des �sterreichischen Anteils an der Katastrophe des Nationalsozialismus gewendet wird, um zugleich gegen die wachsende kulturelle Dominanz Westdeutschlands einen spezifisch �sterreichischen �Erfahrungsfundus, Empfindungsfundus� zu behaupten.
R�ckblickend nach dem Erscheinen des Romans Malina (1971) hat die Autorin den �Einmarsch von Hitlers Truppen in Klagenfurt� (im Rahmen des ›Anschlusses‹ �sterreichs an das Deutsche Reich am 12. M�rz 1938) symbolisch zum biographischen Ausgangspunkt ihres Schreibens erkl�rt und als �einen zu fr�hen Schmerz� bezeichnet, mit dem ihre �Erinnerung� anfange. Mit dieser Pointierung unterstreicht sie die moralische Verpflichtung und zeitkritische Ausrichtung ihres literarischen Werks als ein �Schreiben gegen den Krieg� (H�ller 2004), das seine �Problemkonstanten� in der Auseinandersetzung mit den Verflechtungen von ›kleiner‹ und �gro�er GESCHICHTE� (TKA 1, 53), Individual- und Zeitgeschichte im Zeichen gesellschaftlicher Gewalt findet.
Bachmann beginnt schon als Sch�lerin in Klagenfurt zu schreiben, bis ihr nach ihrem ersten, in Innsbruck und Graz verbrachten Studienjahr (1945/46) mit der Erz�hlung Die F�hre schlie�lich die erste Ver�ffentlichung gelingt. Im September 1946 vollzieht sie den eigentlichen Aufbruch aus der Provinz, indem sie ihr Studium der Philosophie (mit den Nebenf�chern Germanistik und Psychologie) in Wien fortsetzt, wo sie zugleich den Kontakt zur Wiener Literaturszene sucht. Aufgrund der offiziellen Anerkennung �sterreichs durch die Alliierten als das ›erste Opfer Hitler-Deutschlands‹ konnte das literarische Leben in Wien nach 1945 unmittelbarer als in Deutschland an die Vorkriegszeit ankn�pfen, und so haben Repr�sentanten der �lteren Autorengeneration wie Heimito von Doderer (1896-1966) und j�dische Remigranten wie Hermann Hakel (1911-1987) und Hans Weigel (1908-1991) an Bachmanns literarischem Deb�t in den Publikationsorganen der Wiener Nachkriegsliteratur wesentlichen Anteil. Das Jahr 1949 markiert mit Bachmanns Dissertation �ber Die kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Heideggers nicht nur den Abschluss des Studiums, sondern auch die Professionalisierung ihrer schriftstellerischen Arbeit durch die Ver�ffentlichung erster Gedichte in der Zeitschrift Lynkeus und einer Reihe von Erz�hlungen in der Wiener Tageszeitung. Zugleich arbeitet die Autorin an einem ersten, unver�ffentlichten und verschollenen Roman (Stadt ohne Namen), dessen �berlieferte Fragmente (TKA 1‚ 3-25) in �hnlicher Weise wie die Gedichte und Erz�hlungen dieser fr�hen Wiener Jahre durch die zeittypische, existentiale Metaphorisierung zeitgeschichtlicher Generationserfahrung und durch kafkaeske Parabolik gekennzeichnet sind. Nach ihrer Promotion findet Bachmann im Herbst 1951 eine Stelle im Script-Department des amerikanischen Senders Rot-Wei�-Rot, die zum Ausgangspunkt ihrer Rundfunkarbeit wird, aus der in den 1950er Jahren Rundfunkbearbeitungen zeitgen�ssischer angloamerikanischer und franz�sischer Dramen, Rundfunkessays (u. a. zu Musil, Wittgenstein und Proust) und H�rspiele (Ein Gesch�ft mit Tr�umen, 1952; Die Zikaden, 1955; Der gute Gott von Manhattan, 1958) hervorgehen.
Aus der Perspektive der Wiener Schule, der neopositivistischen Wissenschaftstheorie ihres Doktorvaters Viktor Kraft (1880-1975) und der Sprachkritik Ludwig Wittgensteins (1889-1951) hatte die Kritik am �deutschen Irrationaldenken�, das Bachmann in Heidegger (auch wegen seiner Verstrickung in den Nationalsozialismus) verk�rpert sah (GuI, 137), am Schluss ihrer Dissertation zu der �berzeugung gef�hrt, dass nur Literatur und Kunst in der Lage seien, den existentialen Grunderlebnissen des �modernen Menschen� und insbesondere seinen Erfahrungen �mit der ›Angst‹ und dem ›Nichts‹� Ausdruck zu verleihen (Diss., 130). Die Bekanntschaft mit den fr�hen psychotherapeutischen Forschungen Viktor E. Frankls (1905-1997) zu den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten, vor allem aber die Begegnung (1948) und Freundschaft mit dem deutsch-j�dischen Dichter Paul Celan (1920-1970) aus der Bukowina, dessen Familie zu den Opfern des Holocaust geh�rte, bewirkt in der Weiterentwicklung dieses existentialistischen Ausgangspunkts eine �tiefgreifende Verwandlung ihres Denkens und Schreibens� (H�ller 1999, S.59) im Sinne jenes kritischen Ethos, das sie in ihrer Rede zur Verleihung des H�rspielpreises der Kriegsblinden (1959) in die Formel �Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar� (W IV, 275) fasst. So sind z. B. die Gedichte ihres ersten Lyrikbandes Die gestundete Zeit f�r die sie 1953 den renommierten Preis der Gruppe 47 erh�lt, von expliziter Zeitkritik durchzogen und appellieren angesichts von Kaltem Krieg und gesellschaftlicher Restauration an das kritische Gewissen der Zeitgenossen. Auch wenn der zweite Gedichtband Anrufung des Gro�en B�ren (1956) das Pathos dieser Zeitkritik wieder einschr�nkt und auch traditionellere lyrische Formen wiederentdeckt, war Bachmanns Synthese von Zeitkritik, literarischer Moderne und lyrischer Tradition doch die Grundlage ihres raschen Aufstiegs zur wichtigsten deutschsprachigen Dichterin der Nachkriegszeit. Ermutigt durch ihren Erfolg in Deutschland, bricht Bachmann im Sommer 1953 auf Einladung des gleichaltrigen deutschen Komponisten Hans Werner Henze (* 1926) aus Wien nach Italien auf, um dort eine Existenz als freie Schriftstellerin zu begr�nden. Die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Henze, der sie in ganz neuer Qualit�t in die Welt der europ�ischen Musik und insbesondere der Oper einf�hrt, schl�gt sich u.a. in den Opernlibretti Der Prinz von Homburg (1958) und Der junge Lord (1965) sowie in theoretischen �berlegungen zum Verh�ltnis von Musik und Dichtung (W IV, nieder, wirkt jedoch bis in die sp�ten Gedichte der 1960er Jahre und den Roman Malina hinein auch auf ihr literarisches Schreiben zur�ck. In den zehn Jahren nach dem Aufbruch aus Wien, in denen Bachmann in Rom (1953-57), M�nchen und Neapel (1957/58) sowie (zusammen mit Max Frisch) abwechselnd in Z�rich und Rom wohnt (1958-63), entstehen neben Gedichten, H�rspielen und Essays auch die Frankfurter Vorlesungen, mit denen die Autorin im Wintersemester 1959/60 die gleichnamige Reihe der Poetik-Vorlesungen zu �Problemen zeitgen�ssischer Dichtung� er�ffnet, indem sie ihre poetologischen �berlegungen erstmals systematisch zusammenfasst und im Prozess der Moderne literarhistorisch verortet. Mit Hilfe des an Musil entwickelten Begriffs der �Literatur als Utopie� und im Glauben an ihre �ver�ndernde Wirkung� verpflichtet die Autorin die Literatur nach dem Nationalsozialismus auf die kritische Dekonstruktion der �schlechten Sprache� der �ffentlichen Diskurse (W IV, 270 f.). In der Auseinandersetzung mit den >sozialen, mitmenschlichen und politische Konflikten< der Zeit geht es ihr nicht zuletzt um die Erkundung von �neuer Wahrnehmung, neuem Gef�hl, neuem Bewu�tsein� (W IV, I90 f., 195). Dieses selbstbewusste Vertrauen auf die F�higkeit der Literatur, angesichts der verzweiflungsvolle �Dunkelhaft der Welt� �im Widerspiel des Unm�glichen mit dem M�glichen [...] unsere M�glichkeiten [zu erweitern]� (W IV, 276 f.), spiegelt sich in den gleichzeitig entstandenen Erz�hlungen des Bandes Das drei�igste Jahr (1961) in der Thematik der Grenze und Grenz�berschreitung, der Dekonstruktion der bestehenden gesellschaftlichen, moralischen und diskursiven Ordnung der Nachkriegszeit auf der prek�ren Suche nach einer anderen, gewaltfreien Ordnung, die die Literatur jedoch nicht vorzuf�hren, sondern nur anzumahnen in der Lage ist.
Trotz des kritischen Echos, auf das Bachmanns erster Erz�hlband vor dem Hintergrund ihres Ruhmes als Lyrikerin stie�, hat sich die Autorin in ihren Berliner Jahren (1963-65) und dann wieder in Rom (1965-73) schwerpunktm��ig auf die Prosa konzentriert. Die Trennung von Max Frisch (1962) f�llt mit einer Lebenskrise zusammen, die zugleich den Ausgangspunkt f�r einen literarischen Neuansatz bildet, die literarische Darstellung der verborgenen ›Verbrechen‹ auf dem �Mordschauplatz� Gesellschaft und insbesondere im Verh�ltnis der Geschlechter (S. 276,6), die unter dem Titel Todesarten von nun an im Mittelpunkt ihres Schreibens steht. Neben dem Roman Malina und einer F�lle zu Lebzeiten unver�ffentlichter und fragmentarischer Texte wie der Erz�hlung Requiem f�r Fanny Goldmann, dem Buch Franza und dem Goldmann/Rottwitz-Roman geh�rt auch Bachmanns zweiter Erz�hlband Simultan (1972) mit seinen Portr�ts ganz unterschiedlicher Wienerinnen und ihrem (teils ironisch erz�hlten) �Abst�rzen� aus der �Banalit�t ihrer Existenz� �...