Recensione:
Mit seiner leichthändigen, unprätentiösen, aphoristischen Sprache die Kindheit sei die Heimat des Menschen, heißt es an einer Stelle, und der Tod setze dem Gedächtnis ein ehrenvolles Ende, an einer anderen umkreist Orgambide Carlos Gardel, nähert sich ihm manchmal so sehr, dass man seinen Atem spüren zu glaubt, entfernt sich dann aber wieder, so dass Gardel zur Schimäre verschwimmt. Es geht ihm nicht um ein Röntgenbild von Gardels Charakter, nicht um eine Obduktion seines Wesens, sondern um einen Blick auf den Tangosänger wie durch ein Kaleidoskop: Zu sehen ist immer er und doch immer ein anderer. So bleibt am Ende das Bild von Gardel ungreifbar, vergänglich, es werden keine Konturen hinter dem Ruhm und der Tragik sichtbar und genauso soll es auch sein, denn Orgambide will Gardels Mythologisierung fortschreiben. Er soll gar keine klaren Linien bekommen, sondern zum immerwährenden Sinnbild Argentiniens und der Argentinier überhöht werden: ihrer Sehnsucht nach der verlorenen Heimat jenseits des Ozeans, ihrem Verlorensein in einer Welt zwischen Europa und Amerika, ihrer lebenslangen Hetzjagd nach Liebe, die viele Trophäen einbringt und am Schluss nur Kadaver hinterlässt. Um das zu erreichen, gibt es kein besseres Genre als das Zwitterwesen der Romanbiographie. Eine reine Biographie würde Gardel entzaubern und ihn seiner Aura berauben, weil die Wahrheit der größte Feind des Mythos ist. Und ein Roman würde die Sinnlichkeit Gardels schmälern, der eben keine literarische Erfindung, sondern die personalisierte, tragisch komprimierte Wirklichkeit Argentiniens ist. So weiß man am Ende des Buches nicht mehr als vorher und ist trotzdem klüger. (Jakob Strobel y Serra, FAZ)
La Voz Inolvidable die unvergessliche Stimme lebt weiter, und je länger Carlos Gardel tot ist, desto intensiver, wirkmächtiger wird sein Mythos. Ein Mythos, den man in Argentinien hegt und pflegt wie ein Kind, das das nicht nur einer Mutter und einem Vater gehört, sondern allen Frauen und Männern in diesem riesigen südamerikanischen Land, das vom südlichen Wendekreis beinahe bis an die Antarktis reicht. Auch Pedro Orgambide hat jetzt seinen Anteil an der Fortschreibung des Carlos Gardel Mythos. Wie Gardel selbst in seinen Liedern, so singt Orgambide auf seine Art vom Leben der einfachen Menschen. Sein Stil ist die kraftvoll lakonische Prosa eines von keiner Feministin der Welt zu dressierenden Machos. Wie bei echtem argentinischem Steak ist da kein Gramm Fett zu viel. Nirgendwo beißt man unverhofft auf eine ungenießbare zähe Sehne. Schieres Fleisch, sagt man dazu, und meint damit lauter und rein. (Ingo Langner, Die Tagespost 07.08.2010)
L'autore:
Pedro Orgambide wurde 1929 in Buenos Aires geboren, wo er 2003 auch starb. Nach mehreren Jahren im mexikanischen Exil kehrte er 1983 nach Argentinien zurück. Er hat über vierzig Bücher Romane, Essays oder Erzählbände geschrieben, für die er u.a. den Literaturpreis der Casa de las Américas erhalten hat.
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