Recensione:
Zurecht nennt Obernosterer im Untertitel seinen Band übers Lesachtal eine "literarische Annäherung", denn es ist nicht der Blick des Fremdenverkehrsexperten, der ein kerniges, heiles, mit urigen Bauern bevölkertes, ideal vermarktbares Stück Landschaft im Fokus hat, sondern Obernosterer stellt "sein" erlebtes und häufig erlittenes Lesachtal vor. Dabei ist er doch etwas auf Distanz zu jener durch Innerhofers "Schöne Tage" eingeläuteten und nunmehr rapide zu Ende gehenden Art Heimatliteratur, die Blut und Boden durch Schweiß und Tränen ersetzte und deren Exponenten häufig mit ihrem Dorf literarisch abrechneten. Dieser gelernte Lesachtaler schildert auch - und zwar eindringlich! -, wie das heile Land den heilen Menschen nur selten aufkommen ließ, wie an Seele und Leib verkrüppelte Kreaturen auf den von Touristen so viel besungenen, blühenden Bergwiesen sich einen Rest von Akzeptanz und Würde zusammenschinden mussten. Er schildert, wie Religion und bäuerliche Sitte ihr eisernes, alle Schönheit und freie Individualität unterdrückendes Regiment führten. Doch will er nicht abrechnen, jedenfalls nicht mit Personen, wenn Abrechnung, dann mit dem Schicksal, das diesen Personen gemeinsam war. Kein Blick zurück im Zorn, aber bei Gott - wenn Seine Zeugenschaft erlaubt ist - auch kein Blick zurück in nostalgischer Wehmut! Wolfgang Schuhs Fotos sind zum Großteil unpathetisch schön, nur wenige würden sich für Prospekte eignen, alle jedoch sind geronnene Chiffren für das, was Obernosterer zu erzählen hat. Wolfgang Gauglhofer (Bücherschau)
Als strukturalistische Studie eines Umbruchs versteht sich der neueste literarische Wurf des gebürtigen Lesachtalers, der ein Bild seiner Heimat zeichnet, das sich hinter den postkartengemäßen und idyllischen Behübschungen verbirgt. In der Sprache des nüchtern Beobachtenden, der mit gewissem Wehmut die scheinbare Unabwendbarkeit menschlichen Schicksals sieht, wendet sich Obernosterer dem Harten und Problematischen dieses zum Mythos des Schönen verkommenen Tales zu. Magisches Denken, das den Einzelnen angesichts der Größe von Natur, Staat u n d Kirche in die Knie zwingt, wird zwar immer mehr durch das rationale ersetzt, doch die bedrückenden Erfahrungen des Autors lassen befürchten, dass die geschilderten Vorgänge weder vergangen noch abgeschlossen sind, sondern sich hinter gefälliger Verkleidung verschanzen. (Kärntner Kirchenzeitung)
L'autore:
Geboren 1936 in St. Lorenzen im Lesachtal/Kärnten als jüngstes von sieben Kindern eines Bergbauern. Er besuchte das Internatsgymnasium in Tanzenberg bei Klagenfurt. Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte in Wien arbeitete er ab 1965 als Volks- und Hauptschullehrer, ab 1975 Kunsterzieher in Hermagor im Gailtal. 1975 erschien sein Buch Ortsbestimmung (Wien-München), 1980 der aus Kurzgeschichten zusammengesetzte Roman Der senkrechte Kilometer. Studien zum Landleben , 1988 Der Zaun der Welt (2. Aufl. 1991), 1990 der Roman Die Bewirtschaftung des Herrn R. , 1993 der Roman Verlandungen . Er emanzipierte sich von der bäuerlichen Lebensweise und reflektierte deren Lebensform in seinen Werken. In die Kategorie der kritischen Heimatliteratur fällt auch das Buch Vom Ende der Steinhocker (1998) sowie Grün. Eine Verstrickung (2001). Bei Kitab erschienen: Die Mäher und die Grasausreißer, 2002 Bodenproben (Miniaturen I), 2003 Paolo Santonino, 2004 Mythos Lesachtal, 2005 Misstraut den Floristen, 2006 Grün, 2006 (2.Aufl.)
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