Neues von der »Wolfsfrau«
Leidenschaft, Intuition, Kreativität und Einfühlungsvermögen – jede Frau trägt in sich unschätzbare, verborgene Kräfte. Sie sind in der Jugend bereits angelegt und kommen in reiferen Jahren zur vollen Entfaltung. Mit magischer und poetischer Sprache greift die große Geschichtenerzählerin das Thema der weiblichen Urinstinkte auf, das ihren außergewöhnlichen Erfolg »Die Wolfsfrau« begründete und ein neues Frauenbewusstsein prägte.
»In der Jugend Reife zeigen und im Alter jung sein«, so lautet die Botschaft von Clarissa Pinkola Estés. In ihrem neuen Buch lässt sie die unbändige Willenskraft und Stärke, die viele Frauen in reiferen Jahren entwickeln, auf wunderbare Weise in Mythen und Legenden lebendig werden. Verwegenheit, Feuer, Selbstbewusstsein und Enthusiasmus – die ganze Fülle des Alters offenbart sich im hemmungslosen Tanz der weisen Frauen, die, einem alten ungarischen Hochzeitsbrauch folgend, den Bräutigam voller Leidenschaft und Temperament herausfordern und seine Vitalität prüfen, bevor sie ihn der Braut überlassen. Eine fabelhafte Hymne an die Weiblichkeit und das Leben in seiner höchsten Reife!
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Clarissa Pinkola Estés, Jahrgang 1943, ist mexikanischer Herkunft und wurde als Kind von ungarischen Emigranten adoptiert. Sie hat in Ethnologie und klinischer Psychologie promoviert und ist als Jungianische Psychoanalytikerin tätig. Ihr Buch "Die Wolfsfrau" wurde in den USA über Nacht zum Kultbuch und weltweit zum Bestseller. Clarissa Pinkola Estés lebt in Wyoming und Colorado, wo man sie wegen ihrer erzählerischen Begabung mit dem Titel "Cantadora" (Märchenerzählerin) auszeichnete.
Die kleine Hütte im Wald
Du liebe tapfere Seele … Willkommen …
Tritt ein, tritt ein …
Ich habe auf dich gewartet … ja, auf dich und deinen Geist! Ich bin froh, dass du den Weg hierher gefunden hast …
Komm, setz dich eine Weile zu mir. Wir wollen uns abseits der »vielen unerledigten Dinge« etwas Zeit füreinander nehmen. Für alles andere wird später noch Zeit genug sein. Ich kann dir versichern, dass wir eines fernen Tages an der Himmelspforte nicht danach gefragt werden, wie gut wir den Bürgersteig gefegt oder mit wie vielen »sehr wichtigen Kleinigkeiten« wir uns überhäuft haben. Eher wird man uns dort fragen, ob und wie wir uns entschlossen haben, wirklich zu leben.
Wir wollen uns jetzt einfach eine Zeit lang wohltuenden stillen Gedanken widmen, bevor wir wieder von der Welt und ihren Tretmühlen sprechen … Hier, probier diesen Stuhl. Er scheint mir für deinen kostbaren Leib gerade recht. Na bitte! Und jetzt ein tiefer Atemzug … Lass die Schultern nach unten sinken, in ihre natürliche Lage. Ist es nicht wunderbar, diese klare Luft zu atmen? Und noch ein tiefer Atemzug. Komm jetzt … Ich kann warten … Siehst du? Jetzt bist du ruhiger geworden, bist ganz in der Gegenwart angekommen.
Ich habe für uns ein Kaminfeuer entzündet; es wird die ganze Nacht brennen – lange genug für all die hier zu erzählenden »Geschichten in den Geschichten«. Gib mir noch einen Augenblick Zeit, um den Tisch mit frischer Minze fertig abzuwischen. Hier, lass uns das gute Geschirr nehmen. Und lass uns trinken, was wir »für einen besonderen Anlass« aufgespart haben. Glaub mir, wann immer die Seele die Führung übernimmt, ist ein solcher »besonderer Anlass«. Hast du es je bemerkt? Immer wenn unser Ego zu viel »aufspart«, bringt es missmutig seinen Zweifel daran zum Ausdruck, ob die Seele ihre tägliche Freude wirklich verdient. Doch sie hat sie verdient, ganz bestimmt.
Sitzen wir also ein wenig beisammen, comadre, nur wir zwei … und jener Geist, der von selbst entsteht, wann immer zwei oder mehrere Seelen mit gegenseitigem Respekt zusammentreffen, wann immer zwei oder mehr Frauen über »die wirklich wichtigen Dinge« sprechen.
Hier, an dieser abgelegenen Zufluchtsstätte, ist die Seele zugelassen … und soll sich aussprechen. Hier wird deine Seele in guter Begleitung sein. Ich gebe dir mein Wort, dass sie hier, anders als in vielen Bereichen der Außenwelt, sicher ist. Bleib gelassen, comadre, hier ist deine Seele in Sicherheit.
Vielleicht bist du ja auch an meine Tür gekommen, weil du gern nach einer wohltuenden Maxime leben möchtest – nach dem Prinzip »Jung sein im Alter und reif sein in der Jugend«. Ja, man trägt viele Paradoxe in sich, die im Gleichgewicht gehalten werden müssen. Erinnerst du dich? Paradox heißt eine Vorstellung, die der allgemein akzeptierten Meinung widerspricht. Das gilt auch für die gran mere, die großartigste der Frauen, die grand madre, die Große Mutter … Du trägst sie in dir, eine noch im Werden begriffene weise Frau, die das scheinbar Unlogische, aber äußerst Nützliche sowie die großen Fähigkeiten der tiefen Psyche miteinander verknüpft.
Die großen paradoxen Eigenschaften bestehen im Wesentlichen darin, weise und doch stets lernbegierig zu sein, spontan und zuverlässig, unbändig schöpferisch und aufrichtig, kühn und wachsam; die Tradition zu verteidigen und ein echtes Original zu sein.
Ich hoffe, Sie werden erkennen, dass all diese Eigenschaften mehr oder weniger auch auf Sie zutreffen – in potenzieller, halb verwirklichter oder voll ausgeprägter Form.
Wenn Sie an solchen göttlichen Widersprüchen Interesse haben, fühlen Sie sich auch zu dem geheimnisvollen und faszinierenden Archetyp der weisen Frau hingezogen, der in der Figur der Großmutter eine symbolträchtige Darstellung findet. Dieser Archetyp ist Frauen jeden Alters eigen und kommt im Leben einer jeden Frau auf vielfältige und einzigartige Weise zum Ausdruck.
Über die tiefgründige Imago der Großen Mutter als einen der wichtigsten Aspekte des Archetyps der weisen Frau zu sprechen, heißt nicht, dass man ein bestimmtes Alter oder Lebensstadium bei Frauen behandelt. Großes Verständnis, großes Vorherwissen, große Seelenruhe, Aufgeschlossenheit, Sinnlichkeit, große schöpferische Kraft, Scharfsicht und Beherztheit beim Lernen – also Weisheit – stellen sich nicht plötzlich voll entwickelt ein. Sie fallen nicht in einem bestimmten Alter wie ein Mantel über die Schultern einer Frau.
Große Klarheit und Wahrnehmungsfähigkeit, große Liebe, die weithin ausstrahlt, große Selbsterkenntnis, die in die Tiefe und in die Breite geht, die Herausbildung verfeinerter, angewandter Weisheit – all das ist ein fortwährender Prozess, ungeachtet dessen wie viele Jahre eine Frau angesammelt hat. Die Grundlage des »Großen« im Gegensatz zum »bloß Gewöhnlichen« wird erarbeitet … oft durch früh, mitten oder spät im Leben erlittene Verletzungen und Bruchlandungen, durch allzu hochfliegende Gedanken, falsche Kehrtwendungen und unbesonnene Neuanfänge. Was nach den Katastrophen oder Einbrüchen übrig bleibt, wird durch die Frau und ihren Geist, ihr Herz, ihr Bewusstsein, ihren Körper und ihre Seele umgestaltet und dann in die Praxis übertragen … bis sie in ihrer paradoxen und zugleich weisen Art nicht nur kompetent, sondern oft auch vollkommen ist in ihrer Art zu leben, zu sehen und zu sein.
Im Mythos wie in der Wirklichkeit gibt es viele Typen ehrwürdiger und großer (Groß-)Mütter. Es stimmt: Großmutter eines kleinen Kindes zu sein ist wie sich verlieben, und die Geburt mehrerer Kinder kann die ältere Person in höchste Begeisterung versetzen. Außerdem verleiht der Stolz und die helle Freude, »Mutter einer Mutter zu sein«, eine ganz eigene Größe. Darüber hinaus aber bestehen noch zahlreiche weitere, nicht auf die Nachkommen beschränkte Möglichkeiten, in der Großmutter-Imago gesegnet zu sein.
Zum Beispiel leben im Hier und Jetzt Frauen, die Großmütter sind für Generationen von Ideen, Prozessen, Entwicklungen, Schöpfungen, Phasen ihrer eigenen Kunst, die sich darin zum Ausdruck bringen und so immer weiser werden. Dazu gehören treue Ratgeberinnen, lehrende Grazien, die Schüler und Studenten anleiten, angehende Schriftstellerinnen und Künstlerinnen sowie reife Frauen, denn auch reife Frauen brauchen Wärme und Unterweisung, um in jedem Frühling neu aufzublühen …
Doch im Mythos wird es wohl am deutlichsten, dass die Große Mutter als Symbol des umfassenderen Archetyps der weisen Frau vor allem eine zentrale Aufgabe hat, die beängstigend, wagemutig, anspruchsvoll und beglückend ist: das Leben bis zum Äußersten auszuleben. Nicht halb; nicht zu drei Vierteln. Nicht an manchen Tagen Huhn, dann wieder nur Federn. Vielmehr ganz und gar lebendig zu sein, jeden Tag. Nicht nach Maßgabe der Möglichkeiten von jemand anderem, sondern nach Maßgabe ihres eigenen schicksalhaften freien Willens, ihrer eigenen lebenspendenden – nicht abstumpfenden – Möglichkeiten. Und dieser unwiderstehliche Drang hat einen Grund …
Viktoriá, eine meiner Großmütter, hatte einen kleinen Hund mit vorstehendem Unterkiefer, der wie ein schrecklicher Zerberus en miniature aussah, trotzdem aber so süß war, wie es eben ging. Sie hatte auch eine kleine schwarze Katze, die gern die überall im Haus an den Türknäufen aufgehängten Rosenkränze attackierte … »Falls ich mal auf der Stelle für jemand beten muss.« Sie sprach zu ihrem Hund und zu ihrer Katze, als handele es sich um Menschen … »Weißt du, die Tiere haben eine Seele«, pflegte sie zu sagen.
Wenn der Hund plötzlich kraftvoll aufsprang, um einem neuen Geruch in der Luft nachzujagen, fing auch die Katze an, im Zimmer herumzurennen. Und wenn die Katze vom alten Zelluloidradio auf Großmutters mit Deckchen verzierten Sessel sprang, von dort wieder zurück und immer so hin und her, dann wurde der Hund sofort aufmerksam und hüpfte ebenfalls durch die Gegend, mit heiterer Miene. Dann sagte meine Großmutter unweigerlich, wir müssten mitmachen. Sie nahm meine kleinen Hände, und wir sprangen und hüpften im Takt und Rhythmus des Hunde-Katzen-Tanzes, der gerade stattfand. Sie sagte: »Wenn einer wirklich lebt, dann tun’s die andren auch.« Einen kurzen Augenblick lang waren dann alle Tiere, auch wir, wieder wild.
Was sie meinte, war Folgendes: Wenn eine Seele sich entschieden dafür einsetzt, so lebendig wie möglich zu leben, dann werden viele andere in ihrer Nähe »Feuer fangen«. Wenn man trotz Hindernissen, Beschränkungen oder gar Verletzungen den Durchbruch schafft zum wahren Leben, werden auch die Lebewesen ringsum – Kinder, Freunde, Kollegen, Fremde, Tiere und Pflanzen – ein erfüllteres Leben führen. »Wenn einer wirklich lebt, dann tun’s die andren auch.« Das ist die wichtigste Pflicht der weisen Frau: so zu leben, dass andere dadurch beflügelt werden; auf seelenvolle Weise zu leben, damit die anderen sehen, wie das geht.
Bezeichnet man die ersten zehn Lebensjahre als Dekade, so bin ich heute in meiner siebten Dekade auf Erden … Ich kann jetzt deutlich erkennen, dass sich die »Liebesarbeit« der Großen Mutter auch auf der irdischen Ebene offenbart … also die Pflicht, große Freude zu empfinden, großen, wohltuenden Spaß zu haben. Einblick zu gewinnen … was bedeuten kann, für bessere Ergebnisse einzutreten. Zu bestätigen … was bedeuten kann, zu segnen. Zu lehren … also den Weg aufzuzeigen. Schutz zu gewähren … was auch bedeutet, von Geist und Seele zu sprechen, nie bloß von Körper und Verstand – und so über die Seelen sämtlicher Zeitalter zu wachen, die vielleicht, und sei es nur für einen Moment, greifbar nah an einem vorüberziehen.
Das bringt mich auf eine Frage, die Sie unbedingt in Erwägung ziehen sollten … Hatten Sie je eine Ahnung davon, was Ihr größtes Selbst ausmacht? Ich denke, eine Frau kann viel über ihr tiefes Selbst erfahren, wenn sie ein ungewöhnliches Phänomen in den Leitmotiven der Mythen und Märchen betrachtet, in denen die Entwicklung zur w...
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