Wie sieht die Welt hinter dem Fernseher aus?
Journalist – das ist einer der aufregendsten Berufe überhaupt. Aber was genau macht ein Journalist? Wie deckt er Skandale auf? Und wie kommen die dann ins Fernsehen oder in die Zeitung?
Berühmte Journalisten wie Maybritt Illner, Hans Leyendecker, Franziska Augstein oder Anne Will erzählen von ihrer Arbeit und gewähren einen Blick hinter die Kulissen.
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Maybrit Illner, 1965 geboren, hat nach dem Studium ihre journalistische Laufbahn in der Sportredaktion des DDR-Fernsehens begonnen. Seit 1992 arbeitet sie für das ZDF, als Moderatorin und später Leiterin des ZDF-„Morgenmagazins“ und seit 1999 als Moderatorin der politischen Talkshow „Berlin Mitte“.
Ingke Brodersen, geboren 1950, war Leiterin des Verlags Rowohlt Berlin. 2001 hat sie, zusammen mit Doris Schröder-Köpf, das Buch "Der Kanzler wohnt im Swimmingpool" herausgegeben. Seit Herbst 2007 ist sie Geschäftsführerin des neuen Verlags Booklett mit Sitz in Berlin.
Anne Will
Es ist doch nur Fernsehen
Wie die "Tagesthemen" gemacht werden
Sich bei anderen unbeliebt zu machen, geht schnell. Ganz schnell. Zumal dann, wenn diese anderen sich seit langem kennen, schon ewig miteinander arbeiten und man selbst die Neue und einzige Unbekannte im Kreis der Kollegen ist, mit denen man künftig zusammenarbeiten will. Da reicht ein schnell dahingesagter Satz, flott in die Runde geworfen, und die Stimmung ist im Keller.
Es war gleich in der ersten Woche, in der ich die "Tagesthemen" moderierte. Wir saßen, wie immer nach der Sendung, zur so genannten "Manöverkritik" zusammen. Jeder sollte sagen, was ihm gefallen hat und was weniger gut gelungen war. Das ist nicht leicht. Die Stimmung ähnelt dem Aprilwetter: Entweder bricht die Sonne durch, oder der Himmel verdunkelt sich blitzschnell, und es gibt ein dickes Gewitter. Schließlich sind alle müde und erschöpft. Jeder hat dreizehn, vierzehn Stunden lang gearbeitet. Der Tag war anstrengend, es ist spät geworden. Da kann ein unangemessenes Wort oder der falsche Tonfall den Sturm losbrechen lassen. Jeder weiß das. Keiner will etwas Verletzendes sagen. Und so beginnt die "Manöverkritik" an Abenden, an denen etwas schief gelaufen ist, immer damit, dass sie eben nicht beginnt! Dass erst einmal keiner das Wort ergreift. Schweigen, abwarten, in die Runde gucken, bis sich endlich einer traut und die Kritik eröffnet.
Diesmal war es der Ablauf. Die Abfolge der einzelnen Beiträge hatte nicht überzeugt. Riesenkrach zwischen einem der Planer und der Chefin vom Dienst, deren Job es ist, sich den Ablauf auszudenken. Er, klar auf Angriff getrimmt: "Das war unmöglich! Den Beitrag an dieser Stelle zu platzieren, das war falsch! Die ganze Arbeit für die Katz! Die Sendung, gelinde gesagt, eine Katastrophe. Alles furchtbar!" Sie, auf Abwehr gebürstet, die eigene Entscheidung verteidigend: "Das stimmt nicht. Der Ablauf war richtig so, und zwar genau so! Er hätte gar nicht anders sein dürfen." Er wieder: "Nein!" Sie: "Doch!"
Und so ging es hin und her. Wie es halt so geht, wenn sich zwei zu später Stunde, erkennbar entnervt, streiten. Irgendwann hatte ich das Gefühl, mich einmischen zu müssen, und sagte, eher leise als bestimmt, eher müde als mahnend: "Bei allem Respekt und allem Verständnis für beide Seiten - aber es ist doch nur Fernsehen!"
Stille. Alle guckten mich an! Mir wurde unbehaglich zumute. Schließlich war ich "die Neue", viele der anderen schon jahrelang dabei. Hielten sie mich jetzt für überheblich? Für besserwisserisch? Oder vermissten sie den
Respekt vor den "Tagesthemen"? Das sollte nur Fernsehen sein? Da das Schweigen nichts Gutes verhieß, verließ ich sicherheitshalber, kleinlaut einen kurzen Abschiedsgruß murmelnd, den Raum und verdrückte mich in mein Büro. Auch ich war verunsichert, denn die "Tagesthemen" mochten und mögen nur Fernsehen sein. Aber sie sind eben auch das Ergebnis von sehr viel Arbeit.
Konferenzen, Konferenzen, Konferenzen ...
Journalisten sind Menschen, die sich mitteilen wollen. Die anderen davon berichten wollen, was sie an Neuigkeiten in Erfahrung gebracht haben. Deshalb reden sie viel. Die Journalisten, die die "Tagesthemen" und die vielen Ausgaben der "Tagesschau" machen, reden noch mehr als viel, sie reden andauernd. Sie kommen ständig zu Konferenzen in einem großen Raum mit einem großen Tisch und vielen Stühlen zusammen und besprechen dort, was sie vorhaben. Sie entscheiden, welche Themen wie bearbeitet werden sollen. Vorher haben sie mit den Korrespondenten telefoniert, die in der ganzen Welt für die ARD und damit auch für die "Tagesthemen" und die "Tagesschau" arbeiten. Somit wissen sie, was die Korrespondenten draußen planen, was sie erfahren und erlebt haben, welche Bilder sie schon haben drehen können oder noch drehen wollen, welche Interviews sie geführt haben oder noch führen wollen und wie sich das alles zu einem kurzen Film, einem - wie wir sagen - "Beitrag" oder "Bericht", zusammenfügen lässt.
Und noch ehe dieser Beitrag geschnitten ist, noch ehe der Kollege in New York oder Tel Aviv, in Moskau oder Berlin seinen Text geschrieben und zu den Bildern gesprochen hat, haben die Konferenzteilnehmer in Hamburg, in dem großen Raum am großen Tisch mit den vielen Stühlen schon eine Vorstellung davon, wie dieser Bericht vermutlich aussehen wird. Fernsehbeiträge können also nicht nur angeguckt werden, sie lassen sich auch erzählen. Und manchmal ist die Erzählung sogar schöner als der fertige Film.
Denn es kann immer noch etwas schief gehen. Die Kollegen in Berlin zum Beispiel haben, anders als geplant, doch kein Interview mit dem Bundesaußenminister führen können. Er wollte sich vielleicht nicht äußern zu dem Streit, den es zwischen ihm und dem Bundeskanzler um den außenpolitischen Kurs der Bundesregierung gegeben haben soll. Als der Kollege ihn danach fragte, hat der Minister nur abgewinkt und nicht antworten wollen. Nachdenkliche Gesichter am Konferenztisch. Das Thema ist uns wichtig, wir wollen es in der Sendung haben, nur wie? Ein Kollege der "Tagesschau" merkt an, der Außenminister habe später noch einen Termin in einer anderen Angelegenheit in Frankfurt. Dort sei auch einer unserer
Reporter mit seinem Kamerateam angemeldet. Man könne ja dieselbe Frage noch einmal stellen, winke der Minister wieder ab, würden wir eben das zeigen.
Genau so wollen wir es machen. Das ist zwar nur eine Notlösung, ein Kompromiss, aber es ist eine Lösung für unser Problem. Beständiges Schweigen und dauerndes Abwinken eines Politikers erzählen schließlich auch etwas. Und ohnehin kann es ja auch sein, dass der Minister sich inzwischen entschieden hat, doch etwas zu sagen. In jedem Fall ist es also gut, den Frankfurter Kollegen mit unserem Auftrag zum Termin zu schicken.
Das ist ein Beispiel, wie es so oder ähnlich gewesen sein könnte und täglich mehrfach vorkommen kann. Es zeigt, wie sehr unsere Arbeit auf das permanente Miteinandersprechen angewiesen ist und davon lebt. Die vielen Konferenzen mögen manchmal langweilig sein, weil wir zum dritten oder auch achten Mal hören, welchen Beitrag die Kollegin aus Washington plant, aber sie sind absolut unverzichtbar. Auch die Anwesenheit und Mitarbeit der Kollegen von der "Tagesschau" ist unverzichtbar. Nachrichtensendungen sind Teamarbeit. Nur durch die Zusammenarbeit vieler kann es gelingen, die hoffentlich besten Bilder und wichtigsten Ereignisse und Aussagen des Tages haben und zeigen zu können.
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