Als sich Chris, Vicky, Barbara und Susan zum ersten Mal begegnen, schwören sich die vier jungen Frauen, für immer Freundinnen zu sein. Voller Zuversicht blicken sie auf ein Leben, das ihnen Glück und Zufriedenheit verspricht. Doch ihre Träume werden schon bald von der Realität eingeholt. Und dann geschieht das Unfassbare: Eine von ihnen wird brutal ermordet. Vicky, die als Anwältin arbeitet, will nicht eher ruhen, bis der Schuldige gestellt ist, und stößt auf eine Spur, die ihre schrecklichsten Befürchtungen noch übertrifft...
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Joy Fielding gehört zu den unumstrittenen Spitzenautorinnen Amerikas. Seit ihrem Psychothriller „Lauf, Jane, lauf“ waren alle ihre Bücher internationale Bestseller. Joy Fielding lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Toronto, Kanada, und in Palm Beach, Florida.
Einf�hrung
Wir nannten uns die Grandes Dames: Vier Frauen, die auf den ersten Blick und dem �eren Anschein nach erschreckend wenig gemeinsam hatten. Wir wohnten nur in derselben, ruhigen, von B�en ges�ten Stra�, waren mit ehrgeizigen und erfolgreichen M�ern verheiratet und hatten eine ungef� zwei Jahre alte Tochter.
Die Stra� hei� Grand Avenue und ist trotz der Ver�erungen, die Mariemont, eine gutb�rgerliche Randgemeinde von Cincinnati, im Laufe der Jahre durchgemacht hat, erstaunlich gleich geblieben. Eine Reihe von adretten Holzh�ern liegt ein gutes St�ck von der Stra� zur�ck, die ihrerseits die gesch�ige Hauptstra� kreuzt und sich dann tr� zu einem kleinen Park an ihrem anderen Ende windet. In diesem Park - dem Grand Parkette, wie der Stadtrat das winzige dreieckige St�ckchen Land genannt hatte, ohne sich der Ironie bewusst zu sein - haben wir uns vor fast einem Vierteljahrhundert, genauer gesagt vor dreiundzwanzig Jahren, zum ersten Mal getroffen, vier erwachsene Frauen, die schnurstracks zu den drei Kinderschaukeln strebten, weil sie wussten, dass der Verliererin nur die Sandkiste bleiben und das missf�ige Schreien ihres frustrierten T�chterchens weithin zu h�ren sein w�rde. Sicherlich war sie nicht die erste Mutter, die die Erwartungen ihrer Tochter entt�cht hat, und bestimmt nicht die letzte.
Ich wei�nicht mehr, wer das Rennen verloren hat, wer angefangen hat, mit wem zu reden, oder auch nur, worum es in diesem ersten Gespr� ging. Ich erinnere mich nur noch daran, wie unbeschwert wir plauderten, wie nahtlos wir von einem zum anderen Thema wechselten, die famili�n Anekdoten und das wissende L�eln der anderen, an die willkommene, wenn auch unerwartete Vertrautheit, umso willkommener, eben weil sie so unerwartet war.
Vor allem jedoch erinnere ich mich an das Lachen. Selbst heute, so viele Jahre und Tr�n weiter - und trotz allem, was geschehen ist, trotz der unvorhersehbaren und manchmal grausamen Umwege, die unsere Leben genommen haben -, h�re ich ihn noch, den undisziplinierten, aber eigenartig melodi�sen Chor aus Kichern und Glucksen in unterschiedlicher Tonlage und Intensit� jedes Lachen eine Unterschrift, so verschieden wie wir selbst. Und doch verschmolzen diese verschiedenen Stimmen zu einer harmonischen Melodie. Jahrelang habe ich den Klang jenes fr�hen Lachens �berall mit mir herumgetragen. Ich konnte ihn willentlich heraufbeschw�ren. Er hat mich gest�tzt und aufrecht gehalten. Vielleicht weil es sp�r so wenig davon gab.
An jenem Tag blieben wir im Park, bis es anfing zu regnen, ein pl�tzlicher Sommerschauer, auf den niemand vorbereitet war, und eine von uns schlug eine spontane Party in einem unserer H�er vor. Wahrscheinlich war ich es selber, denn wir landeten bei mir. Vielleicht lag es auch nur daran, dass unser Haus gleich am Park lag. Ich wei�es nicht mehr. Ich erinnere mich, dass wir vier es uns in dem holzget�lten Partykeller mit feuchten Haaren und ohne Schuhe bei frischem Kaffee fr�hlich und noch immer lachend bequem gemacht und mit schlechtem Gewissen zugesehen haben, wie unsere T�chter jede f�r sich allein zu unseren F��n spielten. Denn wir wussten, dass wir mehr Spa�hatten als sie, dass unsere Kinder viel lieber zu Hause w�n, wo sie ihr Spielzeug nicht teilen und nicht mit Fremden um die Aufmerksamkeit ihrer M�tter konkurrieren mussten.
�Wir sollten einen Club gr�nden�, schlug eine der Frauen vor, �und uns regelm�g treffen.�
�Super Idee�, stimmten wir anderen ihr sofort zu.
Um den Anlass festzuhalten, kramte ich die arg vernachl�igte
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Super-8-Kamera meines Mannes hervor, deren Bedienung mich ebenso �berforderte wie die ihrer modernen Entsprechungen, sodass das Ergebnis eine unbefriedigende Folge schneller und wackeliger Schwenks auf verschwommene Frauen mit oben angeschnittenen K�pfen ist. Vor ein paar Jahren habe ich den Film auf eine Videokassette �berspielen lassen, und jetzt sieht er seltsamerweise viel besser aus. Vielleicht liegt es an der modernen Technik oder dem Breitwandbildschirm, der sich per Knopfdruck aus der Decke herabsenkt. Vielleicht ist mein Blick mittlerweile auch so unscharf, dass er mein technisches Versagen kompensiert, denn die Frauen erscheinen mir klar und deutlich.
Was mir besonders auff�t, wenn ich den Film heute ansehe, was mir, genau genommen, jedes Mal den Atem stocken l�t, egal, wie oft ich ihn betrachte, ist nicht nur, wie unbeschreiblich und unertr�ich jung wir alle waren, sondern, wie alles, was wir waren - und alles, was wir werden sollten -, schon in jenen fabelhaft faltenlosen Gesichtern geschrieben stand. Doch wenn man mich auffordern w�rde, in diese scheinbar gl�cklichen Gesichter zu blicken und ihre Zukunft vorherzusagen, k�nnte ich es auch heute nicht, dreiundzwanzig Jahre sp�r, da ich nur zu gut wei� wie alles geendet hat. Selbst mit diesem Wissen ist es mir unm�glich,
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die Bilder dieser Frauen mit ihrem Schicksal in Einklang zu bringen. Kehre ich deshalb immer wieder zu dieser Kassette zur�ck? Suche ich Antworten? Vielleicht suche ich Gerechtigkeit. Vielleicht Frieden.
Oder eine Erkl�ng.
Vielleicht ist es so einfach - und so kompliziert.
Ich wei�nur, wenn ich diese vier jungen Frauen betrachte, mich selbst eingeschlossen, unsere Jugend eingefangen, eingesperrt auf einem Videoband, dann sehe ich vier Fremde. Keine von uns kommt mir besonders vertraut vor, ja, selbst ich bin mir so fremd, dass ich in meiner Erinnerung nur ein Vorname von vieren bin - und nicht �ich�.
Man sagt, die Augen seien der Spiegel der Seele. Kann irgendjemand, der in die Augen dieser vier Frauen blickt, wirklich behaupten, so tief zu sehen? Und diese s��n, unschuldigen Kleinkinder auf den Armen ihrer M�tter - gibt es �berhaupt irgend- wen, der hinter diese gro�n, sanften Augen blicken und darunter das Herz eines Ungeheuers schlagen h�ren kann? Ich glaube nicht.
Wir sehen, was wir sehen wollen.
Da sitzen wir also in einer Art losem Halbkreis, winken und l�eln nacheinander in die Kamera, vier bet�rend durchschnittliche Frauen, die der Zufall und ein Regenschauer an einem Sommertag zusammengef�hrt haben. Unsere Namen sind so gew�hnlich, wie wir es waren: Susan, Vicki, Barbara und Chris. F�r Frauen unserer Generation vollkommen gebr�hliche Namen. Die Namen unserer T�chter stehen nat�rlich auf einem ganz anderen Blatt. Als Kinder der 70er, Fr�chte unserer privilegierten und phantasievollen Sch��, war unser Nachwuchs selbstverst�lich alles andere als gew�hnlich, davon waren wir zumindest zutiefst �berzeugt, und die Namen unserer Kinder spiegeln diese �erzeugung wider: Ariel, Kirsten, Tracey und Montana. Ja, Montana. Das ist sie, dort ganz rechts, das blonde, pausbackige Kind, das w�tend gegen die Kn�chel seiner Mutter tritt, w�end seine gro�n marineblauen Augen sich mit bitteren Tr�n f�llen, kurz bevor seine pummeligen kleinen Beinchen seinen steifen kleinen K�rper aus dem Bild tragen. Niemand kann sich diesen pl�tzlichen Ausbruch erkl�n, am allerwenigsten ihre Mutter, Chris, die sich nach Kr�en bem�ht, das kleine M�hen zu bes�tigen und sie zur�ck in die Geborgenheit ihrer ausgestreckten Arme zu locken. Ohne Erfolg. Montana bleibt st�rrisch au�rhalb des Bildes und l�t sich nicht �berreden oder tr�sten. Chris verharrt eine Weile in der unbequemen Position auf der Stuhlkante, die d�nnen Arme ausgestreckt und leer. Mit ihren schulterlangen, blonden, aus dem herzf�rmigen Gesicht gek�ten und zu einem hohen Pferdeschwanz gebundenen Haaren sieht sie aus wie ein properer Babysitter und nicht wie eine Frau Ende zwanzig. Ihr Gesichtsausdruck sagt, sie werde zur Not f�r immer da-
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rauf warten, dass ihre Tochter ihr die eingebildeten Verfehlungen verzeiht und dorthin zur�ckkehrt, wo sie hingeh�rt.
Auch wenn ich wei� dass es stimmt, scheint es mir heute unbegreiflich, dass sich keine von uns f�r h�bsch hielt, von sch�n ganz zu schweigen. Selbst Barbara, eine ehemalige Miss Cincinnati und Finalistin f�r den Titel der Miss Ohio, die ihre Liebe zu wallendem Haar und Stilettoabs�en nie abgelegt hatte, war von
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permanenten Selbstzweifeln geplagt. Sie sorgte sich st�ig um ihr Gewicht und gr�e sich �ber jedes F�chen, das sich in die Haut um ihre gro�n braunen Augen und ihre vollen, beinahe obsz�n sinnlichen Lippen grub. Das ist sie dort neben Chris. Ihre hoch toupierte dunkle Lockenm�e ist vom Regen ein wenig platt gedr�ckt worden, und ihre eleganten Ferragamo-Pumps liegen verlassen vor der Haust�r zwischen den Sandalen und den Turnschuhen der anderen Frauen, doch ihre Haltung ist immer noch sch�nheitswettbewerbperfekt. Barbara hat nie flache Schuhe getragen, nicht einmal im Park, und Jeans besa�sie erst gar nicht. Sie war immer absolut makellos gekleidet, und seit ihrem sechzehnten Lebensjahr hatte niemand, einschlie�ich ihres Ehemanns Ron, sie je ungeschminkt gesehen. Sie gestand uns, dass sie in den vier Jahren, die sie nun verheiratet war, jeden Morgen um sechs Uhr, eine halbe Stunde vor ihrem Mann, aufgestanden war, sich geduscht, geschminkt und frisiert hatte. Ron hatte sich in eine Miss Cincinnati verliebt, erkl�e sie wie vor einem Kollegium aus Preisrichtern, und blo�weil sie jetzt eine Mrs. sei, g� ihr das nicht das Recht, sich gehen zu lassen. Selbst an Wochenenden war sie so fr�h auf den Beinen, dass sie auf jeden Fall hinreichend pr�ntabel war, bevor ihre Tochter Tracey aufwachte und gef�ttert werden wollte.
Nicht, dass Tracey gro� Anspr�che gestellt h�e. Laut Barbara war ihre Tochter ein in jeder Hinsicht perfektes Kind. Die einzige Schwierigkeit, die sie je mit Tracey gehabt hatte, war in den Stunden vor ihrer Geburt aufgetreten, als das gut 4000
Gramm schwere Baby, das es in sicherer Stei�age nicht besonders eilig hatte, zur Welt zu kommen, sich geweigert hatte, mit einer Drehung in die Beckenlage zu rutschen. Also musste es mit einem Kaiserschnitt geholt werden, der eine Narbe von Barbaras Bauch bis zu ihrem Schambein hinterlie� Heutzutage entscheiden sich �zte in der Regel f�r den weniger entstellenden und kosmetisch behutsameren Unterbauchquerschnitt, der weniger Muskeln in Mitleidenschaft zieht und unterhalb der Bikinilinie verborgen bleibt. Barbaras Bikinizeiten waren jedenfalls vorbei, wie sie sich wehm�tig eingestand. Ein weiterer Grund, sich zu gr�n, noch
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etwas, was die vielen Mrs. von den Miss Cincinnatis dieser Welt trennte.
Wie majest�sch sie von ihrem Stuhl zu Boden gleitet, den Rock elegant zwischen die Knie klemmt, um ihrer achtzehn Monate alten Tochter, die sich vergeblich mit den Baukl�tzen abm�hte, zu zeigen, wie man einen Turm bauen kann. Wenn die Kl�tze auf den Boden purzeln, hebt sie sie jedes Mal geduldig auf und ermutigt Tracey, es noch einmal zu versuchen, bis sie sie schlie�ich selbst �bereinander stapelt und immer wieder von vorn beginnt, wenn ihre Tochter den Turm versehentlich umst��. Tracey wird jetzt jeden Moment in die sch�tzenden Arme ihrer Mutter kriechen, die Augen schlie�n und einschlafen, ihr Porzel- lanp�ppchengesicht von schwarzen Locken gerahmt, die sie von Barbara geerbt hat.
�Es war einmal ein M�hen klein�, kann ich Barbara sagen h�ren, w�end sich ihre Lippen auf dem Bildschirm stumm bewegen, in jenem bes�tigenden Singsang, mit dem sie immer mit ihrer Tochter sprach, �das hatte h�bsche Locken fein, aus gl�end schwarzem Haar. Und war sie brav, war sie sehr, sehr brav. Doch wenn sie einmal b�se war -�
�- dann war sie ganz gemein!�, quiekte Tracey fr�hlich in ihrer Babysprache und riss ihre schokoladebraunen Augen auf. Und wir lachten alle.
Barbara lachte am lautesten, obwohl sie das Gesicht dabei kaum bewegte. In panischer Angst vor drohenden Falten und mit zweiunddrei�g die Alteste der Anwesenden hatte sie es zu einer Kunst entwickelt zu lachen, ohne dabei zu l�eln. Sie �ffnete den Mund und stie�raue, laute T�ne aus, w�end ihre Lippen eigenartig starr blieben und sich weder kr�elten noch verzogen. Im deutlichen Kontrast dazu lachte Chris �bers ganze Gesicht, den Mund in achtloser Selbstvergessenheit verzogen, obwohl das entstehende Ger�ch zart, ja beinahe z�gernd klang, als w�sste sie, dass Ausgelassenheit ihren Preis hatte.
Barbara und Chris hatten sich vor diesem Nachmittag erstaunlicherweise noch nie gesehen, obwohl wir alle seit mindestens einem Jahr in der Grand Avenue wohnten, doch sie wurden sofort beste Freundinnen, ein schlagender Beweis f�r das alte Sprichwort von den Gegens�en, die sich anziehen. Neben den offenkundigen �eren Unterschieden - blond gegen�ber br�nett, klein gegen�ber gro� ein wie frisch gewaschen strahlendes Gesicht gegen�ber k�nstlichem, kosmetischem Glanz - waren sie auch ihrem Wesen nach vollkommen verschieden. Doch sie erg�ten einander perfekt, Chris war weich, zur�ckhaltend, wo Barbara alles andere als sch�chtern war. Sie wurden rasch unzertrennlich.
Das ist Vicki, die sich ins Bild dr�t und ihre Pr�nz sp�rbar macht, wie sie es in ihrem Leben praktisch �berall getan hat. Mit achtundzwanzig war Vicki die j�ngste und bestimmt die erfolgreichste der Frauen. Sie war Anw�in und damals die Einzige von uns, die au�r Haus arbeitete, obwohl Susan an der Universit�immatrikuliert war und einen Abschluss in englischer Literatur anstrebte. Vicki hatte kurzes rotbraunes Haar, das sie als einen asymmetrischen Bob trug, der die scharf geschnittenen Z�ge ihres langen, schmalen Gesichts betonte. Sie hatte kleine, haselnussbraune Augen und einen beinahe beunruhigend stechenden, um
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nicht zu sagen einsch�chternden Blick, garantiert hilfreich f�r eine ehrgeizige Anw�in einer angesehenen Kanzlei in der Innenstadt. Vicki war kleiner als Barbara, gr��r als Chris und mit knapp achtundvierzig Kilo die Schlankste unserer Gruppe. Ihr feingliedriger K�rper lie�sie sogar tr�gerisch zerbrechlich wirken, doch sie verf�gte �ber versteckte Kraftreserven und schier grenzenlose Energie. Selbst wenn sie wie in dem Film still sa� sah es aus, als w� sie immerzu in Bewegung, als w�rde ihr K�rper wie eine Stimmgabel vibrieren.
Ihre Tochter Kirsten war im Alter von nur zweiundzwanzig Monaten schon ein Klon ihrer Mutter. Sie hatte die gleiche zarte Statur und die klaren haselnussbraunen Augen ihrer Mutter, konnte auf die gleiche Art an einem vorbeigucken, wenn man mit ihr sprach, als k�nnte hinter einem etwas Interessanteres, Faszinierenderes, Wichtigeres passieren, das sie auf gar keinen Fall verpassen durfte. Die Kleine war st�ig auf den Beinen, tapste hierhin und dorthin und forderte laut kr�nd die Aufmerksamkeit und Anerkennung ihrer Mutter ein. Vicki t�chelte hin und wieder abwesend ihren Hinterkopf, ohne dass ihre Blicke sich wirklich trafen. Vielleicht war das Kind wie wir alle anfangs geblendet von dem riesigen Diamantring am Mittelfinger von Vickis linker Hand. Selbst auf dem Film scheint er f�r einen Moment alle anderen Bilder zu �berstrahlen, sodass der Bildschirm gespenstisch wei�wird.
Vicki war mit einem gut f�nfundzwanzig Jahre �eren Mann verheiratet, den sie seit ihrer Kindheit kannte. Sie war sogar mit seinem �esten Sohn zur High-School gegangen, und zwischen den beiden hatte sich eine sch�chterne Romanze entwickelt, die nat�rlich j�endete, als Vicki beschlossen hatte, den Vater attraktiver zu finden. Der folgende Skandal hatte die Familie zerrissen. �Eine gl�ckliche Ehe kann man nicht zerst�ren�, zitierte Vicki an jenem Nachmittag einen Satz aus Elizabeth Taylors Lebenslauf, und wir anderen Frauen nickten einm�tig, obwohl wir unseren Schock nicht v�llig verbergen konnten.
Vicki schockierte gern, wie die Frauen schnell merkten und heimlich genie�n lernten. Denn bei all ihren Fehlern, und das waren nicht wenige, war Vicki in der Regel unbedingt unterhaltsam.
Sie war der Funken, der die Flamme entz�ndete, ihre Anwesenheit war das Zeichen, dass die Party offiziell beginnen konnte, sie brachte alles in Bewegung und zur Not auch durcheinander; sie
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war die Frau, �ber die jeder tratschte und gackerte. Und auch wenn sie den Ball nicht unbedingt ins Rollen brachte - das tat �berraschenderweise h�ig die unscheinbarere Susan -, war Vicki diejenige, die ihn am Laufen hielt und daf�r sorgte, dass ihr Team gewann. Denn Vicki spielte immer, um zu gewinnen.
Neben Vicki mit ihrer angespannten Intensit�wirkt Susan, die H�e entspannt im Scho�gefaltet, hellbraunes, kinnlanges Haar mit adretter Innenrolle, beinahe wie ein sch�chternes M�hen, wenn man von der Tatsache absieht, dass sie noch gut zehn der drei�g Pfund mit sich herumschleppte, die sie w�end ihrer Schwangerschaft mit Ariel zugelegt hatte. Das �ergewicht machte sie sichtlich verlegen und kamerascheu, wenngleich sie sich am B�hnenrand schon immer wohler gef�hlt hatte als in der Mitte. Die anderen Frauen machten ihr Mut und berichteten von ihren Di�n und Fitnessbem�hungen, und Susan h�rte zu, nicht aus
H�flichkeit, sondern weil sie schon immer lieber zugeh�rt als ge�oo
redet hatte, ihr Verstand war wie ein Schwamm, der jede Kleinigkeit aufsog. Sp�r notierte sie die Vorschl� in dem Tagebuch, das sie seit Ariels Geburt f�hrte. Auf Dr�en der anderen gab sie zu, dass sie einmal davon getr�t hatte, Schriftstellerin zu werden, und Vicki meinte, sie solle mit ihrem Mann reden, der eine Reihe von Zeitschriften besa�und sein Imperium weiter ausbauen wolle.
Susan l�elte, w�end ihre Tochter fr�hlich mit ihren nackten Zehen spielte und sie an den F��n kitzelte, und wechselte das Thema, weil sie lieber �ber ihre Seminare an der Uni sprach. Die waren greifbarer als irgendwelche Tr�e, und Susan war ein durch und durch praktischer Mensch. Sie hatte ihr Studium nach der Heirat aufgegeben und ihren Mann bei seinem Medizinstudium unterst�tzt. Erst nachdem seine Praxis eingerichtet war und florierte, hatte sie beschlossen, an die Universit�zur�ckzukehren, um ihr Studium abzuschlie�n. Ihr Mann h�e diese Entscheidung sehr unterst�tzt, erkl�e sie den anderen Frauen, und ihre Mutter half, indem sie tags�ber auf Ariel aufpasste.
�Du hast Gl�ck�, sagte Chris. �Meine Mutter lebt in Kalifornien.�
�Meine Mutter ist kurz nach Traceys Geburt gestorben�, sagte Barbara, und Tr�n schossen ihr in die Augen.
�Ich habe meine Mutter nicht mehr gesehen, seit ich vier war�, verk�ndete Vicki. �Sie ist mit dem Gesch�spartner meines Vaters durchgebrannt. Seither habe ich nichts mehr von dem Mistst�ck geh�rt.�
Und dann herrschte Schweigen wie so oft nach einer von Vickis kalkulierten Provokationen.
Susan blickte auf die Uhr, und die anderen folgten ihrem Beispiel. Eine von ihnen meinte, dass es sp�geworden sei und man sich wohl besser auf den Heimweg machen solle. Wir beschlossen, den Nachmittag mit einer abschlie�nden Gruppenaufnahme festzuhalten, stellten die Kamera auf der anderen Seite des Raumes auf einen Stapel B�cher und arrangierten uns und unsere T�chter so, dass alle im Bild waren.
Und da sind wir, meine Damen und Herren.
Auf der einen Seite Susan in Jeans und einem schlabberigen, weiten Hemd, auf dem Scho�ihre Tochter Ariel, deren drahtiger K�rper einen deutlichen Kontrast zu der gem�tlichen F�lligkeit ihrer Mutter bildet.
Auf der anderen Seite Vicki in wei�n Shorts und einem gepunkteten, r�ckenfreien Oberteil, die versucht, die Arme ihrer Tochter Kirsten von ihrem Hals zu l�sen, w�end sie, eine stumme unanst�ige Bemerkung auf den Lippen, mit mutwillig blitzenden Augen direkt in die Linse der Kamera blickt.
Dazwischen Barbara und Chris; Chris, in einer wei�n Hose und einem rotwei�gestreiften T-Shirt, die versucht, ihre Tochter davon abzuhalten, sie wieder zu verlassen, w�end Tracey brav auf dem berockten Scho�ihrer Mutter sitzt, die ihre kleine Hand hebt und senkt, sodass Mutter und Tochter wie eine Person wirken.
Die Grandes Dames.
Freundinnen f�rs Leben.
Dabei sollte sich herausstellen, dass eine von uns gar keine Freundin war, aber das wussten wir damals noch nicht.
Genauso wenig wie eine von uns h�e vorhersagen k�nnen,
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dass zwei von uns dreiundzwanzig Jahre sp�r tot sein w�rden, eine auf grausame Weise ermordet.
Damit bleibe nur noch ich.
Ich dr�cke auf einen anderen Knopf, h�re, wie das Band zur�ckgespult wird, und rutsche erwartungsvoll auf meinem Stuhl hin und her, w�end ich darauf warte, dass der Film erneut startet. Vielleicht, denke ich, als die Frauen pl�tzlich wieder auf dem Bildschirm erscheinen, ihre T�chter auf dem Scho� die Zukunft im Gesicht, wird diesmal alles einen Sinn ergeben, und ich werde die Gerechtigkeit finden, die ich suche, den Frieden, nach dem ich mich sehne, die Erkl�ng, die mir fehlt.
Ich h�re das Lachen der Frauen, und die Geschichte beginnt.
ERSTER TEIL 1982-1985
Chris
Chris lag mit geschlossenen Augen in ihrem Messingbett, von den Zehen bis zum Kinn fest in das steife wei� Baumwolllaken gewickelt, die Arme wie gefesselt starr an ihren K�rper gepresst. Sie stellte sich vor, sie w� eine �ptische Mumie, die einbalsamiert in einer antiken Pyramide lag, w�end Horden neugieriger Touristen in schmutzigen, ausgelatschten Sandalen �ber ihrem Kopf hin und her wanderten. Das w�rde zumindest meine Kopfschmerzen erkl�n, dachte sie und h�e beinahe gelacht, wenn da nicht das Pochen in ihren Schl�n gewesen w�, das wie ein Echo ihres dumpfen Herzschlags klang. Wann hatte sie sich zum letzten Mal so �stlich und verloren gef�hlt?
Nein, Angst war ein zu starkes Wort, verbesserte sich Chris sofort, ihre Gedanken zensierend, noch bevor sie ganz ausformuliert waren. Es war keine Angst, die sie l�te, sondern ein vages, beunruhigendes Unbehagen, das wie ein vergifteter Strom durch ihren K�rper sickerte. Diese unbestimmte, vielleicht sogar undefinierbare Befindlichkeit war es, die sie die Augen fest geschlossen halten und die Arme starr an ihren K�rper dr�cken lie� als w� sie im Schlaf gestorben.
Sp�rten Tote dieses eindringende, alles durchdringende Gef�hl des Unbehagens, fragte sie sich, bevor sie ihrer morbiden Gedanken �berdr�ssig wurde und die Ger�che des Morgens in ihren Kopf sickern lie� Unten im Flur sang ihre sechsj�ige Tochter Montana, der dreij�ige Wyatt spielte mit der Spielzeugeisenbahn, die er zu Weihnachten bekommen hatte; und direkt unter ihr in der K�che �ffnete Tony Schrankt�ren und schlug sie klappernd wieder zu. Nach einigen Minuten war die l�ende Angst zu blo�m Unbehagen geschrumpft, das sich besser in den Griff bekommen und letztendlich leichter ganz abtun lie� Noch ein paar Minuten, und Chris konnte sich vielleicht einreden, dass das, was vergangene Nacht geschehen war, in Wahrheit ein b�ser Traum gewesen war, Produkt ihrer �berhitzten - �berreizten, wie Tony vielleicht sagen w�rde - Phantasie.
�It's a heartache!�, schmetterte Montana in ihrem Zimmer am Ende des Flurs.
�Tsch-tsch-tsch-tsch, tsch-tsch-tsch-tsch�, zischte Wyatt, das Ger�ch einer Eisenbahn imitierend, laut.
Irgendwo unter ihr ging eine weitere Schrankt�r auf und klappernd wieder zu. Geschirr klirrte. �Nothing but a heartache!�
Chris schlug die Augen auf.
Ich habe ein Geheimnis, dachte sie.
Sie lie�ihren Blick durch das kleine Schlafzimmer wandern, ohne den Kopf von dem riesigen Daunenkopfkissen zu heben. Durch die schweren, bernsteinfarbenen Vorh�e fielen ein paar Sonnenstrahlen, die die hellblauen W�e gespenstisch blass erscheinen lie�n und in deren Licht �ber ihrem Kopf kleine Staubpartikelchen tanzten. Der schwarze Rollkragenpullover, den Tony gestern Abend zum Essen getragen hatte, hing achtlos hingeworfen �ber der Lehne des kleinen blauen Stuhls in der Ecke, einen leeren Arm ausgestreckt zu dem breiten blauen Webteppich, der noch immer klebrig von vor langer Zeit versch�ttetem Apfelsaft war. Die T�r zu dem kleinen, direkt angrenzenden Bad stand ebenso offen wie die oberste Schublade der Korbkommode. Die Uhr auf ihrem Nachttisch zeigte 9.04 an.
Sie sollte wahrscheinlich aufstehen, sich anziehen und nach Wyatt und Montana sehen. Tony hatte ihnen offensichtlich Fr�hst�ck gemacht, was sie nicht �berraschte. Sonntags stand er immer mit den Kindern auf. Au�rdem war er nach einem gro�n Streit immer besonders nett zu ihr. Sie hatte gesp�rt, wie er beim ersten Gepolter aus Wyatts Zimmer leise aus dem Bett geschl�pft war, aber so getan, als w�rde sie schlafen, w�end er sich eilig angezogen hatte, und bevor er sich �ber sie gebeugt und ihr einen Kuss auf die Stirn gehaucht hatte. �Schlaf�, hatte sie ihn fl�stern h�ren und seinen Atem beruhigend sanft auf ihrer Haut gesp�rt.
Sie hatte versucht, wieder einzud�sen, doch es war ihr nicht gelungen, und als ihre Lider jetzt endlich gn�g schwer wurden, war es zu sp� Die Kinder w�rden sich jede Minute bei ihren einsamen Besch�igungen langweilen, durch die Schlafzimmert�r st�rmen und ihre Aufmerksamkeit einfordern. Sie musste aufstehen, duschen und sich auf den vor ihr liegenden, anstrengenden Tag vorbereiten. Entschlossen schlug Chris das Laken zur Seite, schwang die Beine aus dem Bett und sp�rte unsichtbare Kekskr�mel unter ihren nackten F��n zerbr��ln, als sie in Richtung Bad tapste. �Oh, Gott�, sagte sie, als sie ihr geschwollenes Gesicht in dem Spiegel �ber dem Waschbecken sah. �Ich wei� dass du irgendwo da drinnen steckst.� Vorsichtig tupfte sie �ber die Schwellung um ihre Augen. Wurde sie nicht langsam zu alt, um sich in den Schlaf zu weinen?
Au�rdem hatte sie gar nicht geschlafen, die ganze Nacht lang keine Minute. �Chris�, hatte sie Tony in regelm�gen Abst�en in ihr Ohr fl�stern h�ren, bevor er sich, als sie nicht geantwortet hatte, wieder auf seine Seite des Bettes zur�ckgezogen hatte. �Chris, bist du wach?�
Er hat also auch nicht geschlafen, dachte sie mit nicht geringer Befriedigung, als sie ihr Gesicht mit kaltem Wasser benetzte, einen nassen Waschlappen auf ihre Augen dr�ckte und sp�rte, wie ihre m�de Haut langsam wieder auf Normalgr�� schrumpfte. �Wer bist du?�, fragte sie sich nicht zum ersten Mal m�de und strich sich ein paar Str�en ihres strubbeligen blonden Haars aus dem Gesicht. �Wei�der Teufel�, antwortete ihr Spiegelbild mit Vickis Stimme, und Chris kicherte. Das Ger�ch kratzte in ihrer Kehle wie eine Katze an einer Fliegengittert�r.
�It's a heartache!�, sang Montana auf der anderen Seite der Badezimmerwand.
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kart. Condizione: Gut. Neuveröff., 1. Aufl. 478 S. ; 19 cm in gutem Zustand 2023 ISBN 9783442055296 Sprache: Deutsch Gewicht in Gramm: 378. Codice articolo 2177454
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